Ach Mädel, was hast du mich genervt zu Anfang. Aber jetzt nach der zweiten Saison hab ich deine wilde Natur bewundern gelernt. Wenn man erstmal verstanden hat, was diese winzig kleine Tomate will, kann man mit ihr gut leben und sie gut leben lassen. Dieser sehr aktiven und erkundungsfreudigen Eroberin ungenutzter Lebensräume steckt die Wildnis im Blut. Versuch garnicht erst, sie an die Leine zu legen oder ihre Triebe zu nehmen. Gib ihr stattdessen genügend Raum sich über viele Quadrahtmeter im Freiland auszubreiten. Sie kriecht und rankt sich ihren Weg durch Beet und Hecke und schmückt sich kontinuierlich mit kleinen orangenen Tropfen. Die alle zu ernten, ist die Aufgabe, die diese gut gelaunt Sorte an dich stellt. Pflanz sie in Beet und fette Erde, nicht in den Kübel. Solange sie Nährstoffe erschliessen kann, wird sie sich ausbreiten und deinen Garten gut durchwurzeln. Kennengelernt habe ich sie im Gewächhaus, wo sie macht was sie will. Meiner Meinung nach zeigt sich hier eine Wildtomate, die du gut aus der trockenenen Deckung heraus auf Erkundungsreise schicken kannst. Ich habe am Ende dieser Saison Triebe gesehen, die waren gute 8 Meter weg von der Pflanzstelle. Eine hohe Ausgangsposition ist ebenso denkbar. Etwa oben im Kaskadengarten, ein Eckplatz im Hochbeet oder eine sehr geräumige Ampel sollten dem Spaß noch die Krone aufsetzen. Filligran im Wuchs mit langen, schlanken und lichten Trieben, feinem Blattwerk und äußerst kleinen Früchten sucht sich diese Sorte ihren Weg. Und während du hier noch einen Trieb beseite legst, hat sie hinter dir schon wieder einen neuen hingelegt. Und ganz am Ende, wenn die Tage schon deutlich kürzer sind als die Nächte und man den Winter schon riechen kann, reicht sie dir immernoch Früchte, als würde es ewig so weiter gehen.
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